Donnerstag, 6. Februar 2014

Tägliche Praxis wie und warum - ganz persönlich

Obwohl ich selbst es immer wieder schreibe und oft genug gelesen habe, wie wichtig die tägliche Praxis ist, war und bin ich oft genug unsicher, wie das denn jetzt genau geht. Das Gefühl es nicht richtig zu machen ist eine Krankheit, mit der weder ich noch andere Hellenisten allein sind.

Woher das kommt ist so eine Sache. Einerseits sehnen wir uns danach es so wie die antiken Vorfahren in Griechenland zu machen. Andereseits geht das aber natürlich nicht und oft genug wollen wir das auch nicht. Wie im Fall des Tieropfers zum Beispiel.
Weitere Gründe sind komplizierter und gehen in psychologische Untiefen. Wir sind es z.B. von unserer kulturellen Prägung einfach nicht gewohnt. Oder wir fühlen uns innerlich geblockt aktiv eine religiöse Handlung auszuführen. Warum auch immer.



Bücher, die ich mir holte, die auf die Wiederbelebung des Glaubens abzielen halfen nicht wirklich, weil sie einfach zu unkonkret waren. Manchmal braucht man einfach eine ganz simple Anleitung.
Hierzu halfen mir die Hilfestellungen von wohlwollenden Hellenisten in der Netzwelt.
Mir halfen jene vor allem was die tägliche Durchführung angeht:
My daily Prayers und Daily Devotions

Mein inzwischen abgegriffenes deutsches Buch der orphischen Hymnen ist mir immer die absolute Hilfestellung dabei, wenn es darum geht, was wie zu sagen.
Ich kann es nur empfehlen, sich zu besorgen, auch wenn es offenbar sehr schwer geworden ist inzwischen ein deutsches Exemplar zu bekommen. Nicht nur für die Routine ist es hilfreich, auch wenn es darum geht in die Tiefe der Mysterien und Mythenwelt einzusteigen.

Die orphischen Hymnen haben gegenüber den homerischen den Vorteil, das alle bekannten Gottheiten erwähnt und verehrt werden. Das ist vor allem für die Abendrituale von Vorteil, denn Nyx- die Nacht und die Oneiros, die Träume z.B. haben keinen homerischen Hymnus.

In meinen posts zu den Hausgöttern, hat ich klar gemacht wie wichtig diese seien, und das sie täglich verehrt werden. Sie können und sind oft aber nicht die einzigen die wir verehren. Nach dem Vorbild von Hesiod wird idealerweise am Morgen den Göttern gedacht und am Abend, vorm zu Bett gehen.
Geopfert wird stets mit Libationen, sprich Trankopfern in eine Schale, die nur hierfür genutzt wird.
Traditionell war das immer (süßer) Wein mit Wasser gemischt. Substitutionen hierfür sind meist Traubensaft und andere Säfte. Ich habe gern zum Morgen einen anderen Saft, als zum Abend und ich verdünne sie als wären sie Wein.
Entweder ich rezitiere nach und nach die orphischen Hymnen oder ich grüße und lade die Gottheit mit eigenen Worten ein. Letzteres geht mir nicht immer leicht von den Lippen, weshalb ich mich gern an die Hymnen halte oder von den Gebeten anderer inspirieren lasse.

Der Ablauf ist stets der selbe: Reinigung des Altars und mich mit Khernips, wobei ich Okeanos bitte zu helfen. Gerste auf den Altar geben, die ihn segnet und zugleich ans allererste und reinste Opfer überhaupt erinnert.
Entzünden der Kerze von Hestia und eventuell den Weihrauch.
Nacheinander werden die Gottheiten begrüßt, gebeten das sie das Opfer annehmen mögen und jedesmal erfolgt eine Libation. Zum Ende hin erhält wieder Hestia ein Opfer. Es sollte etwas im Glas oder Krug verbleiben und wird dann von mir getrunken.

Mein Morgenritual verehrt neben den bereits genannten zunächst
Eos - die Göttin der Morgenröte.
Hemera die älteste Göttin des Tages und
Helios, den Gott der Sonne.
Athena, die als Göttin der Weisheit ich um Weitsicht und Klarheit in meinen Handlungen bitte, sowie um Schutz für mein Heim.
die jeweilige Gottheit/en des Tages (siehe v.a. die ersten 9 Tage des Mondmonats)
Poseidon, als Gott des Meeres und damit auch Herr über alle Flüsse und Seen, füge ich bei da ich kurz gesagt, allen Wassern nah stehe
die Hausgötter, die ich v.a. aufzähle, alle bis auf Hekate, und um Schutz bitte
und schließlich Zeus und Hera, die als das herrschende Götterpaar im Himmel uns sicher beobachten, Segen oder Kummer verursachen werden.

Mein Abendritual beinhaltet
Nyx - die Göttin der Nacht und älteste Göttin überhaupt
Selene - die Göttin des Mondes
die Sterne und Hypnos - den Schlaf und Morpheus oder Oneiros, den Herrn der Träume.
Hekate -  als dreifaltige Herrscherin über die ganze Welt, hier dennoch vor allem eine Göttin der Nacht und der Unterwelt und wird um Schutz gebeten.
Hades und Persephone, da diese die ersten waren denen ich folgte und grade nachts auch bei uns im Leben und bei mir sowieso ihren Herrschaftsbereich habe.
Hier können diese und andere chtonische Gottheiten ruhig mit verehrt werden, denn die Nacht ist ihr Domizil. Nyx wohnt in der Unterwelt und verlässt ihren Thron, um zusammen mit den Träumen und dem Schlaf zu uns zu kommen. Hekate wandert oft über die Erde und sammelt traurige und wandernde heimatlose Seelen ein (vor allem an Neumond).
Träume wühlen uns auf oder segnen uns mit schönen Bildern und vielleicht wegweisenden Inhalten und ist die älteste aller Methoden der Prophezeiung und Visionen. (Bei manchen noch- sog. Naturvölkern wird kein Unterschied zwischen Vision und Traum gemacht).
Persephone als die mächtigste Vermittlerin zwischen diesen Welten im Seelenbereich und Hades als ihr Herrscher sind daher für mich auch zentral.

Warum es täglich sein soll, da will ich nicht Hesiod oder jemand anderen zitieren.
Begonnen hat das ganze als ich mich genau danach einfach sehnte: ich wollte gerne täglich meinen Göttern opfern und was für sie tun. Das Bedürfnis selbst entspringt eindeutig meiner Sehnsucht ihnen nah zu sein. Sie sind letztlich Wesen der Freude und selbst die dunkelsten von ihnen sind fern des Trübsinns oder der gefühlten Sinnlosigkeit, die der Alltag bei mir alsweilen auslöst.
Gleichzeitig stillen die Handlungen meinen Hunger nach Abwechslung und Ablenkung. Ohne das das beabsichtigt war, bin ich jedesmal ein Stück zufrieden und was immer meinen Kopf zuvor mit eigenen Sorgen oder banalen Gedanken beherrscht hat, sind diese ferner oder wirken weniger wichtig.
Ein anderer Aspekt ist der, das schöne Tage und Momente und gute Gefühle nochmal sich verstärken.

Natürlich ist das nicht immer so. Alsweilen wird es ein Aspekt von reiner Disziplin jeden Tag etwas zu machen und wenn es aufgrund von Zeitdruck ist mit einer kleinen Minihandlung oder eben später oder früher oder vielleicht sogar nur einmal am Tag etwas sehr kurzes.
Aber selbst dann merke ich was und wenn es einfach nur dieser kleine Aspekt ist, seinen Geist mal wieder auf etwas anderes auszurichten, als auf mich und Dankbarkeit zu zeigen, wo ich gar nicht das Bedürfnis zu hatte. Ich weiß aber das es wichtig ist. Jedesmal erinnere ich mich selbst dabei an die vielen Seiten meines Lebens und der Faktoren, die darauf Einfluß nehmen, die ich sonst oft genug vergessen würde oder gar als zu selbstverständlich nehme. So ordne ich mich selbst in ein größeres Gefüge ein, an sich der ganzen Welt.

So zum Beispiel die einfache kleine sache, wenn ich um Schutz und Segen für mein Heim, meine Familie, meine Freunde und alle die ich liebe bitte. Jedesmal dann denke ich an alle die, die oft genug für mich da sind und was für mich getan haben, die gut für mich sind einfach weil ich sie liebe oder die auch mal jemanden brauchen. Etwas wo wir auch und ich mit Sicherheit, zum vergessen neigen.
Schließlich Gesundheit und Glück, Wohlergehen wie ein Heim und Essen nehmen wir zu oft selbstverständlich, aber das ist es nicht. Es kann schneller vergehen, als uns lieb ist.

Und schön ist auch dieser kleine Kniff, das in den Mythen und Erzählungen heißt, wie oft z.B. Zeus und auch Hera gern sich als Mensch einem zeigen und wir uns daran erinnern sollten, wenn wir einem unangenehmen Menschen an dem Tag begegnen.
Das könnte eine wichtige Begegnung sein.


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