Ethos

Hellenisten verfolgen und schätzen eine ganze Reihe von ethischen Prinzipien.

Historisch lassen sich diese vor allem auf Hesiods Lehrgedicht "Werke und Tage" und die Delphischen Maxime zurückführen, die auf die 5 Weisen zurück gehen.

Die ethischen Grundsätze sind keine Vorschriften, denen Strafe oder Belohnung folgen. Dennoch ist es heutigen Hellenisten äußerst wichtig wenn die Mitglieder ihrer jeweiligen "Gemeinde" diesen oder ähnlichen folgen. Für sie selbst und für andere.

Das hat damit zu tun, das Konsens ist das das Verhalten eines einzelnen auf die gesamte Gruppe ausstrahlt. Die Gruppenbezogenheit bzw. dieses auf die Gemeinschaft stark ausgerichtete Prinzip ist grundlegend für den heutigen modernen Hellenismos wie es der auch früher war. Religiöse Praxis ist immer bis zu einem gewissen Grad öffentlich.
Eng verflochten ist hiermit auch die Überzeugung, das die Götter durch die richtige Praxis und durch das richtige Verhalten eher gewogen sind großzügig zu sein oder die wilderen und launischen Götter eher besänftigt.
Der Mensch lebt in dieser Welt, die belebt und durchdrungen ist von anderen Wesenheiten, ist Natur, Krankheit und Tod ausgesetzt und daher ein durch und durch ein abhängiges Wesen. Er kann bis zu einem gewissen Grad Umstände beherrschen lernen, aber letztlich kann er nur in äußerst seltenen Fällen auf sich allein gestellt z.B. in der Wildnis hausen. Er braucht andere Menschen, er braucht Fähigkeiten und Ressourcen, und er braucht keine Naturkatastrophen.

Letztlich fehlt diese äußere Sicherheit, kann immer nur zeitweise und unter Ausblendung der ständigen Gefahren her gestellt werden.
Das Verständnis der Gesetzmäßigkeiten in der Natur dürfte sich heute für die meisten Hellenisten geändert haben. Nicht überall wird ständig eine willkürlich agierende Gottheit gesehen. Die Naturgesetze sind weder durch Götterglauben abgesetzt, noch werden Götter verstanden als das sie sich über diese erheben können.
Sie sind je nach Macht und Stärke Bewohner eines Ortes wie wir es sind, können Verursacher oder auch Phänomene wie Wind und Wasser bewohnen und verstärken und können Wächter über die verschiedensten, auch rein geistige, Bereiche sein. Sie sind keine materiell existierenden Wesen.
Was uns begegnet kann Ausdruck ihrer Natur sein, darf aber nicht damit verwechselt werden. Es hift sich vorzustellen inweiweit wir selbst Herr über unseren Körper sind. Eine Menge Funktionen laufen völlig ohne unser Bewußtsein ab, wir können eigentlich diesen nur lenken, mit ihm Wirkungen in der Außenwelt bewirken und entscheiden welche Nahrung wir ihm zukommen lassen. Seine Zyklen wie Schlafen und Wachen, Wachsen und Verfallen können wir nicht bestimmen.

Wir könne also nichts weltbewegendes in der Außenwelt bewirken indem wir so und so opfern und uns so und so verhalten. Die Natur der Gottheiten gibt das nicht her. Sie können aber was lenken und beeinflussen. Sie können subtil eingreifen und sie können vor allem: inspirieren und uns das Gefühl innerer Verbundenheit und Nähe vermitteln.
Vor allem dieses, dieses Gefühl der Nähe zu einem erhabenen Wesen ist es was ein Gefühl innerer Sicherheit verleihen kann. Manche brauchen das auch sehr und haben dort ihren einzigen Halt.
Hellenisten stellen das her indem sie regelmäßig opfern und ihr Leben so ausrichten, wie sie überzeugt sind das es ein den Göttern gewogenes Leben ist. Ziel hierbei ist tatsächlich im Hier und Jetzt eine Art Seligkeit empfinden zu können und wenn es nur zeitweise ist.

Hellenisten gehen davon aus das die Götter, vor allem jene des Olymps an den Menschen interessiert sind und von höherem Ethos gelenkt als unsereins.
Wesenheiten wie Athena und Hephaistos, Demeter und Persephone, Dionysos und die Musen mit ihrem Anführer Apollon und viele andere sind oft in ihrer Nähe, suchen geeignete Geister unter den Menschen, denen sie subtil oder direkter Wissen vermitteln wollen und um unnötiges Unheil abzuwenden. Indem wir uns bemühen uns ethisch weiter zu entwickeln indem wir diversen Prinzipien nach eifern, können wir ihnen überhaupt erst so nah kommen um diesen und anderen Segen erhalten zu können. Oder sie überhaupt erst wahr zu nehmen.

Umgekehrt kann man auch leicht ihren oder anderer Wesen Zorn erregen wenn man sich äußerst undankbar und mißbräuchlich zeigt und die heiligsten Gesetze oder ihre Bereiche verletzt.
Die Hauptsünde wenn man sie so nennen mag, ist daher die Hybris.

Hybris, das sich selbst über andere vor allem über Götter und ihrer Gesetze, erheben ist DAS Fehlverhalten schlechthin und die unheilsamste Geisteshaltung des Menschen und er verfällt ihr sehr leicht. Die Mythen und Sagen sind voll davon, was passiert wenn der Mensch ihr verfällt. Gleichzeitig ist Hybris oft sehr subtil den Geist des Menschen am vergiften und verbreiteter als man es oft wahrhaben will. Die übliche Arroganz und gewohnte Verurteilung eines anderen Menschen gehört schon hierher.
Für mich kommt hier die Nähe zur Beschreibung des Ego als Hauptverursacher allen Leids vom buddhistischen Standpunkt aus zum tragen.

Bescheidenheit, ehrliche Arbeit und Gelderwerb, Mäßigkeit, Gastfreundschaft und religiöse Praxis als Ausdruck von Respekt und Dankbarkeit der Welt gegenüber sind daher einige und die wichtigsten Eckpfeiler hellenistischer Ethik.

Die englischsprachigen haben es nun gut, denn sie können bereits viel hierzu im Internet lesen.
Ich selbst bevorzuge Hesiods Lehrgedicht und verfolge natürlich buddhistischen Ansätzen und beschäftige mich daher weniger mit den delphischen Maximen. Spannend ist das aber natürlich auch vor historischem Hintergrund.

Wie immer emfpehle ich vor allem die umfangreiche Artikelserie bei Elani:
Delphic Maxims Series



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