Samstag, 1. November 2014

Tribut an Hades

Heute ist Allerheiligen und gestern war Samhain, was für die meisten als Halloween bekannt ist. Letztes Jahr um die zeit schrieb ich was ich alles hoffe in diesem Blog fertig stellen zu können. Da wusste ich noch nicht das ich zwar einen sehr schönen aber zeitlich auch sehr aufreibenden Job haben werde.
Aber wie so oft, wir können nicht alles haben und es geht ja nicht das ich nur schreibe was mir durch den Kopf geht, auch zeit für die recherche muß da sein.
Dennoch, heute mal wieder ein Post zu Gedanken die ich die Nacht bekommen habe.
Wie meine mehr oder minder gleichgesinnten Freunde und Bekannten in den hellenistischen Kreisen wissen bin ich sehr den Unterweltgöttern zugetan.
Das ist für einen klassischen Hellenisten ungewöhnlich, da in der Antike Hades kaum verehrt wurde, Persephone v.a. im Rahmen ihrer Mysterien und im Kult ihrer Mutter verehrt und Hekate ihre Zeit am dunklen Mond hat, wo keiner mehr das Haus verließ.
Heute sieht das aus vielerlei Gründen anders aus.
Und vielleicht ist das, von unten her, auch gewollt.

Hades wird aus vielerlei Gründen gemieden. Sich auf ihn einzulassen bedeutet ein wenig den Tod herein zu lassen. Tod in jedwedem Sinne. Von einem gewissen Standpunkt aus verschwimmen langsam aber sicher auch die Grenzen in der Wahrnehmung was ein realer Tod ist und was ein symbolischer. In der tieferen Wirklichkeit des Hades ist das ein und dasselbe.
Ob es der Tod eines geliebten Wesens ist oder Trennungen, plötzliche Veränderungen, zerstörte Hoffnungen und Träume, Enttäuschungen oder auch plötzliche Chancen die einen das Leben ändern lassen; ja selbst diese bedeuten letztlich im Reich des Hades schlichtweg Tod und er kümmert sich um das was dann bei ihm verbleibt. Und was er einfordert als Tribut sind Tränen.
Je sensibler man ist desto mehr kann man das merken. Wer zu Depressionen neigt ist ihm sehr nah. Manchmal verleitet das dazu nicht gesunden zu wollen denn er vermittelt einen gewissen Frieden. Tränen reinigen die Seele und führen zu einen vorübergehenden Zustand der Reinheit.
In der Mythologie ist ein Fluß der Unterwelt nach ihnen benannt.
In der Antike war Trauer sehr ritualisiert. Es gab eine feste Zeit dafür, dann nach einiger zeit wurde gezielt sich von diesem "Miasma" gereinigt und man ist zurückgekehrt in die Gemeinschaft wo zusammen dann wieder den hellen lichten olympischen Göttern gedient wurde, die das tägliche Leben und das damit verbundene Streben beherrschen.
Die Trauerzeit gab es auch bei uns noch lange: ein ganzes Jahr bei einem Verlust in der Familie und strenges schwarzes Tragen von Kleidung. Dann war das meist vorbei.

Heute gilt das als unschick. Einige wenige Wochen dann soll man nicht mehr trauern. Überhaupt gilt traurig sein als Makel der emotionalen Persönlichkeit.
Das hat mehrdimensionale Konsequenzen. Für mich bedeutet das das Hades sein Tribut nicht gezahlt wird und psychologisch heißt das auch nichts anderes als eine Unterdrückung von Gefühlen.
Der Verlust kann nicht verarbeitet werden. Und damit gibt es aber auch keine fruchtbare Veränderung. Die neurotischen Folgen sind unermesslich.
Die Assoziation von Tiefenpsychologen von Hades mit dem Un/Unterbewußten ist schlicht wahr. Wer in Altersheimen arbeitet sieht wie plötzlich alte Traumata hoch kommen. Was für die im Krieg Überlebenden notwendig schien, die traumatischen Erlebnisse zu unterdrücken, kommen heute an die Oberfläche.
Hades vergisst nichts, aber es ist nicht so das er alles behält. Ich glaube er wurde rituell vermieden, weil er letztlich ständig präsent ist. Rein oberflächlich braucht er keine Opfer denn er bekommt ständig welche.

An Allerheiligen haben die Toten selbst eine besondere Bedeutung. Früher bin ich auf den Friedhof gegangen und man hat den Toten Lichter wieder hingestellt.
Ob jetzt in der Antike wo an den Gräbern regelmäßig geopfert wurde oder in den christlichen Kulten, wo man Kerzen und Blumen an die Gräber bringt, wir wissen offenbar unbewußt das die Toten nicht weg sind und das sie noch immer etwas von uns brauchen.
Es ist heute ein Tag mit Dankbarkeit und Liebe an die Vorangegangen zu denken, auch wenn mit ihnen persönliches Leid verbunden war. Wir sind noch immer mit ihnen verbunden.

Im keltischen Jahr und den neuheidnsichen Kulten, die darauf aufbauen ist heute der erste neue Tag des Jahres. Auch als Hellenist werde ich diese Prägung stets behalten. Gestern dachte ich an die Toten, die Menschen und Haustiere die ich verlor.
Die kommende Zeit markiert den Beginn sich noch weiter zurück zu ziehen. Wenn es draußen immer dunkler wird bleibt nicht aus das ich mehr nachdenke und bevorzugt allein bin. Das ist dann die Zeit wo es auch um die anderen Tode geht.
Die letzten zwei Jahre durfte ich dann tatsächlich erleben wie auch etwas neues entstand als Resultat daraus.
War es das Rauchen erfolgreich aufzugeben oder meinen Job...und zu einem neuen besseren geführt zu werden, gesünder zu werden und Freude an Sport hin und wieder zu haben...oder zu lernen zu verzeihen und Hoffnungen loslassen...
zuerst hatte ich Hades seinen Tribut bezahlt.



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