Dienstag, 27. Dezember 2016

Aphrodite

Mit über einem Jahr Verspätung widme ich mich der Aphrodite. Es ist kein Zufall das es so lange dauert, denn mein eigener Anspruch hielt mich lange davon ab zu schreiben. Ein kleiner Blogeintrag wird ihrem Wesen nicht gerecht noch deckt er annähernd die zahlreichen Quellen ab, die mir zur Verfügung stehn.
Ich musste mich entscheiden und das Ergebnis lest ihr hier. Ich empfehle schwer die angegeben Quellen und diejenigen von euch die eine starke Ergebenheit und Hingabe zu Aphrodite empfinden, rate ich auch in den Antiquariaten zu wühlen und vielleicht findet auch jemand dieses Buch: Aphrodite-Göttin der Liebe von Geoffrey Grigson, einem Dichter und damit Vertreter derjenigen die am meisten der Aphrodite huldigten und zu ihrem Überleben in unserem kollektiven Gedächtnis beitrugen.
Wer ist Aphrodite und welche Rolle hat sie im griechischen Pantheon?



Aphrodite ist die Göttin der Begierde, der Liebe und der Schönheit. Als Venus ist sie der Abendstern und des nachts Zentrum unserer geheimsten Sehnsüchte. Sie ist indes "mehr" als die reine Begierde an sich und gleichzeitig weist sie aber auf die unermessliche Macht hin, die Lust und Gier auf uns hat.
Und ihre Geschichten weisen uns daraufhin wie gefährlich es ist, ihre Macht zu unterschätzen, gar abzulehnen oder zu "verteufeln".
Zuletzt in der Gestalt der Minnesänger war die reine Hingabe zu unerwiderten Liebe, die nie erfüllt werden kann künstlich stilisiert, was bereits zu Zeiten Sapphos Zeichen der Verehrung Aphrodites war und ein oft zu selten beachtetes Wesen von ihr ist: in ihr liegt Sanftheit und Harmonie zugrunde, denn sie weiß den ehrlich Liebenden zu beruhigen, die Begierde in Verehrung umzuwandeln oder Sehnsucht im Begehrten zu ewecken.
Und: jede Liebe ist von ihr, es gibt da keinen Unterschied, denn Sappho, geb. 612 v.Chr., besingt eine lesbische Liebe:
....
Was ich so, ich Rasende, mir ersehne. 
Welches Mädchen sollen denn Peithos Künste
wieder an die Brust, dir, O Sappho, legen? Wer widerstrebt dir?
...Komm auch jetzt O Herrin, herab und löse
alle Wirrnis, Bring meiner Seele Sehnsucht
an ihr Ziel und bleibe, du selbst, im Kampf mir helfen zur Seite!

Diese Aphrdote kennen wir wohl alle. Viele von uns scheint sie zu quälen, zeigt eher ihr dämonsiches Wesen auf. In Aphrodite lernen wir die Kompliziertheit polytheistischer Weltsicht am besten kennen, denn wenige Götter habe so viele Epithets, Beinamen, die völlig unterschiedliche Wesensarten und Erscheinungen aufzeigen.
Ihr "Grundunterscheidung" drückt sich in zwei unterschiedlichen Entstehungsgeschichten aus: als Aphrodite Ourania, ist sie die Göttin die aus dem Meeresschaum entstieg, der aus den ins Ur-Meer Pontos geworfenen Genitalien des Ouranos entstand.
Sie verkörpert die ursächliche Liebe zum Himmel und die Regenerationskraft der Natur, ja gilt bei manchen Philosophen als ursächliche Göttin alles sich nun Ereignende: ob als Mutter der "Not" (Ananke-die Notwendigkeit, "das was geschehen muß"), als Herrin der Jahreszeiten, da die Horen zu ihr eilen und sie bekleiden und fortan begleiten, wie es auch Peitho- die Göttin der Verführung tut, so das sie mit süßen Worten jeden Widerstand zu brechen weiß. Sie gilt als älteste Moira, denn es ist die Sehnsucht und die Begierden die sie weckt, die die Natur zum blühen, die Tiere zum fortpflanzen und sich entwickeln bringt und die Menschen schließlich sind hier ganz besonders nicht von ausgenommen, wie es auch die Götter nicht sind...
mit bereits erwähnten, äußerst wichtigen, Ausnahmen (Hera, Artemis und Athene). Nicht zu verwechseln ist hiermit, diese seien nicht zur Liebe fähig, denn Liebe an sich, ist nicht allein gebunden an Aphrodite oder ihrer Erscheinungsform (siehe auch 6 Words for love)

Als Aphrodite Pandemos ist sie die Herrin über jene "banalen", alltäglichen, Gefühle und Bedürfnisse: die menschliche sexuelle Lust und alles was mit ihr verbunden ist und jene "einfach zu verstehende" Aphrodite ist bei manchen die Tochter von Zeus und Dione, bei den Orphikern gelten beide Entstehungsgeschichten als nebeneinander, symbolischer Ausdruck für diese scheinbare Unterschiedlichkeit von sexueller Lust und Begierde und ihren menschlichen Ausdrucksformen einerseits und der universellen Kraft andererseits, die Mutter Erde selbst durchdringt und fast bis ganz zurück geht auf den kosmogenischen Eros, der selbst zunächst wesenlos erscheint und in Aphrodite zuerst erkennbar wird für die Welt und seinen zahlreichen Erscheinungsformen Ausdruck verleihen kann.
Denn Eros ist auch die Liebe zum Himmel, zu allem Schönen und so erscheint Aphrodite als Herrin über alles Schöne und was ihr Ausdruck verleiht: in den Grazien erhält sie weitere göttliche Hilfe mit Tanz und Gesang, in Hephaistos wird ihr Wesen auf die Erde geholt, die Musen erwecken die Liebe zu Wissenschaft und Philosophie, Kunst in Wort und Bild wird geboren und die Zivilisation hat als Grundlage die Beziehung zwischen Mann und Frau, der Ehe, der sie damit wie Hera als Göttin vorsteht.

Nicht umsonst taucht hier eine versteckte Triade auf: Athene, Göttin der inneren Schönheit, der Erfinderin, der Weisheit und Freundin des Hephaistos, Hera, der Himmelskönigin und Göttin der Ehe und schließlich der Aphrodite!
Nicht umsonst muß Paris zwischen diesen entscheiden, was zum schlimmsten Krieg der Antike führt und natürlich gewann Aphrodite, denn sie ist am leichtesten zu erkennen...eine Entscheidung ist jedoch zwischen diesen immer ein Fehler an sich.

Wie gefährlich es ist sie abzuweisen, zeigen zahlreiche Geschichten auf. Zwei werde ich gleich kurz anreißen: die Geschichte von Smyrna und die von Hippolytos.
Und beide Geschichten kann man zutiefst psychologisch und theologisch verstehen.
Jede Geschichte hat auch ihre Varianten und ich musste mich für eine entscheiden und fasse mich extrem kurz.

Im Falle Smyrnas wurde jene mit einer unnatürlichen Liebe zu ihrem Vater bestraft. Ihre Mutter hatte Aphrodite beleidigt und ihre Tochter als schöner gelobt. Smyrna ertrug diese Sehnsucht nicht und bestach eine Magd, das sie sich des nachts heimlich zu ihrem Vater legen konnte.
Entsetzt darüber was sie tat, wollte der Vater sie töten. Smyrna floh in den Wald und erflehte Gnade bei den Göttern, aud das sie sie verstecken. Sie erweichten und verwandelten sie in einen Baum. 10 Monate später zerbrach dieser und aus seinem Inneren erschied Adonis, in den sich Aphrodite selbst verliebte.

Hippolytos dagegen war ein Verehrer der Artemis und rühmte dabei v.a. ihre Keuschheit und hielt sich selbst von allen Frauen fern. Als Aphrodite davon hörte, erschien sie ihm und forderte seine Verehrung ein, er jedoch verweigerte sie nicht nur, sondern äußerte sich verächtlich über ihre Taten und jene, die sie verehrten.
Sie betrafte ihn dafür, indem sie unermessliche Liebe zu ihm in seiner Stiefmutter weckte, die sich deswegen das Leben nahm, nicht ohne vorher einen Brief an ihren Mann zu schreiben, Hippolytos hätte sie begehrt. Dieser wandte sich an Poseidon, der ein Seeungeheuer schickte, Hippolytos zu zerschmettern, als dieser am Strand unterwegs war.

Wie in jeder Gottheit zeigen sich hier die zwei Seiten, die sie ausmachen. Es ist einmal die persönliche, mit der Kommunikation möglich ist und die andere, die eine in uns wirkende Kraft ist die wir nicht verstehen. So entsetzlich wir die Taten, der eigentlich doch reinen Aphrodite finden mögen, sie ist nicht dafür ursächlich. Heute wissen wir durch die Psychologie das es gerade die in uns unterdrückten Gefühle und Bedürfnisse sind, die Gefahr laufen in besonders pervertierter Form ihr Haupt zu erheben.
Es ist gerade die Geschichte der sexuellen Unfreiheit und Doppelmoral unserere Gesellschaft, die hier v.a. auf eins hinweisen: Aphrodite warnt uns vor der Gefahr ihre Kraft zu verachten, als das sie bewußt Strafen wählen würde aufgrund von verletztem Ego.
Die andere Botschaft ist, das wir uns nicht und niemals erdreisten sollten zu entscheiden, welche Gottheit besser ist und uns über jene zu erheben, die einer anderen Gottheit huldigen, auch wenn sie scheinbar gegensätzliche Prinzipien vertritt. Es ist einmal Hybris, aber wir nehmen uns auch selbst etwas, erkennen wichtige Aspekte des Lebens für uns nicht, und erleiden vielleicht eine Leere, die uns innerlich auffrisst und uns völlig von dem entfremden kann, was wir eigentlich sein könnten.

Auf der Ebene der Götter gilt die Harmonie, der Ausgleich zwischen sich scheinbar widerstreitenden Kräften und der gegenseitigen Ergänzung. Und diese Harmonie kann auch von uns ein Teil werden.
Auch hierfür ist Aphrodite zuständig: Ihr Gefährte, den sie sich selbst ausgesucht hat ist Ares, der Gott der Konflikte, in uns und um uns, und mit ihr wird die Göttin Harmonia geboren, der Eintracht und des Ausgleichs.
Und diese ist die Großmutter des Dionysos, der schließlich in der Tradition der Orphiker zum "Erlöser" für den Menschen werden kann, wenn sich dieser wie Semele dem Gott hingibt um seine Seele vom niederen menschlichen Dasein zu befreien.
Diese Liebe kann und soll ruhig zutiefst sinnlich sein. Sie ist nicht auf körperliche Befriedigung ausgerichtet oder darauf beschränkt, aber immer von Glück erfüllt.

In diesem Sinne...Frohe Weihnachten...
Bitte weiterlesen: Hellenic Gods: Aphrodite, Wikipedia: Aphrodite, Theoi Resources: Aphrodite

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