Donnerstag, 1. Mai 2014

Die Musen und die Liebe zur Wissenschaft

Wenn es etwas gibt womit viele Hellenisten und, ich nenns mal, ihnen geistig verwandte aber nicht minder religiöse oder auch spirituelle Menschen absolut kein Problem haben ist die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Glauben.
Im Gegenteil. Derartige Diskussionen wer nun recht hat, während einerseits die Wissenschaft mit belegbaren Theorien und Erkenntnissen arbeitet (von denen wir im übrigen seit dem 19. Jhdt alle in Medizin und Technik profitieren) und andererseits diverse Religionsführer seit Jahren eine eigene "Wissenschaft" basteln um ihren Glauben zu bestätigen, muten v.a. dem traditionellen Hellenisten seltsam an.

Die Suche nach Erkenntnis war schon immer Teil der Geisteswelt im alten Hellas. Natürlich hier v.a. Teil der philosophischen Elite, aber auch Teil der zivilisatorischen Errungenschaften in Architektur und der alltäglichen Kunst, die immer religiös motiviert war.
Die Welt verstehen zu lernen kann man rückblickend eher schon als geradezu religiöses Motiv interpretieren. Auch wenn, um mich zu wiederholen, es diese Unterscheidung damals einfach nicht gab.
Die alten Griechen haben aber gerade hier ihr größtes Erbe hinterlassen. Sie waren es die als erstes Atome als kleinste Teile der Wirklichkeit beschrieben und das wurde erst im 20. Jhdt weiter entwickelt, da vorher es nicht die Möglichkeit gab, sich Atome oder gar ihr Inneres anzusehen.

Die Errungenschaften der Mathematik gehen u.a. auf Pythagoras zurück, der ebenso ein religiöser Führer und Vordenker war. Für ihn beruhte die gesamte Wirklichkeit auf den Zahlen und ihrem Verhältnis zueinander. Später wurde das Teil esoterischen Denkens während andererseits seine rein theoretischen Errungenschaften in die Disziplin der Mathematik floß.
Die Medizin hat ihre Wurzeln bei Hippokrates, der bis heute als Verfasser des hippokratischen Eides maßgebend für die ethische Disziplin der Hilfe am Menschen ist (oder sein sollte).

Ich will noch gar nicht weiter ausholen, denn jedes Gebiet auszuloten und was es bis heute für uns bedeutet (vor allem auch für die Kunst und die Literatur), geht hier zu weit. Wer sich noch weiter einen kleinen Überblick verschaffen möchte hat hier einen wunderschönen Onlineartikel.

Ich möchte jetzt gerne hier die Musen vorstellen, die als Hauptdarsteller gelten, wenn auch oft im Hintergrund, wenn der Mensch wieder was neues entdeckt, geformt oder geschaffen hat. Die antiken Menschen sahen sich häufig als göttlich inspiriert an oder verstanden ihre Fähigkeit zur Vernunft als gottgegeben. Die Mythen zu hinterfragen und rational zu interpretieren wurde nicht als Gotteslästerung verstanden.

Die Musen sind eine Gruppe von Göttinnen, die manchmal als drei, manchmal als neun angegeben werden. Ihre Herkunft wird von Hesiod als von Zeus und der Titanin Mnemosyne beschrieben.
Sie gelten vor allem als Göttinnen von Musik, Gesang und Tanz. Ihre Funktion ist es ganz die Schönheit, Größe und Göttlichkeit der Welt darzustellen und zu vermitteln.
Wen sie liebten (und lieben) gelangte zu einer besonderen Größe in seinen Fähigkeiten, die Zeitalter überdauern soll. Hesiod selbst, sagt das er sein Wissen von den Musen hat, und gleichzeitig ist er so geschickt, zu erwähnen, das die Musen aber nicht immer die Wahrheit sagen wenn es um die göttliche Wirklichkeit geht.

Ein Schachzug den ich noch immer bewundere und gleichzeitg auch das antike Denken aufzeigt. Die Menschen sahen sich nicht in einer unterwürfigen Position zu den Göttern, wenn auch in einer Position der Abhängigkeit und einer gewissen geforderten Dankbarkeit und Hingabe. Sie sahen sich in der Lage ihnen begegenen zu können, aber nicht unbedingt sie zu verstehen. Das Bestreben dies aber tun zu können, ist jedoch der essentielle Teil der die gesamten Disziplinen prägt, die zur Grundlage unserer Welt wurden. Auch Mysterien und die Geheimlehren gehören hier dazu.

Die Musen, als Schutzgöttinnen aller Künste, in ihrer Anzahl von neun sind auch entsprechend spezialisiert:
Die Musen wurden auch die Mnemoniden geannt, was deutlich auf ihre mütterliche Abstammung hinweist. Interessant ist auch das Mnemosyne, ihre "Mutter", als Göttin der Erinnerung gilt. Ihr Name wird mit Gedächtnis übersetzt und der Bezug zur manchen orphischen Lehren, in dem die tote Seele die Quelle der Mnemosyne suchen soll, finde ich persönlich auffällig.

Frei interpretiert heißt das nichts anderes, als das was die Musen einem vermitteln, wir eigentlich schon mal wussten und konnten.
Während einerseits in den Mythen häufig der Unterschied zwischen Gott und Mensch thematisiert wird (mit Schwerpunkt auf Hybris und damit der Aufforderung bescheiden zu bleiben und mit Stolz aufzupassen), gibt es ebenso oft den Hinweis auf den gemeinsamen Ursprung. Von den Vermischungen mal ganz zu schweigen. Und damit geht auch die Aufforderung einher das beste daraus zu machen.

Der antike Mensch und alle die sich in seinem Erbe sehen, das ist neben dem religiösen Hellenist auch so mancher Künstler und Wissenschaftler, sieht in seinen persönlichen Errungenschaften ein göttliches Wirken und Erleben. Es gibt nichts zu entdecken, das nicht göttlich wäre. Wenn die Wissenschaft etwas heraus findet was anderen Theorien (und Mythen) widerspricht, sind diese eben falsch oder mißverstanden. Meist geht man von letzterem aus.

Und wenn ich bedenke was die Wissenschaft alles inzwischen heraus gefunden hat, kann man doch eigentlich nur staunen und in einer anderen Art Ehrfurcht versinken.
Ob wir diese in Konzepte packen oder nicht ist für mich einerlei.
In den Musen und ihrer Vorstellung von ihnen seh ich regelrecht die Aufforderung zu lernen und zu forschen. Alsweilen seh ich heute einen mangelnden Respekt und fehlende Ethik bei der Ausführung, was sicher anders wäre wenn wir in einer anderen Geisteswelt leben würden (vlt wie in der Antike, oder in heute anderen bekannten Kulturen, vlt den buddhistschen...). Aber einen Widerspruch sehe ich nicht.

Nur eine Einladung die Mythen, wieder mal, anders zu verstehen. Oder das neue oder andere fehlen und es Zeit wird sie zu finden. Oder wieder zu finden.
Davon wie die Natur der Götter zu verstehen ist, mal ganz zu schweigen.
Jedenfalls bin ich froh, heute zu leben, wo so viel über unsere Welt heraus gefunden wurde. Und betrachte mit Sorge wie v.a. manche religiöse Gruppen dies in den Boden stampfen wollen, auch weil es einfach der Welt um uns nicht gerecht wird. Das...ist wahre Gotteslästerung für mich.


Weitere links und Infos:
Wikipedia: Musen
Theoi.com: Musaios

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